Nicht alles, was tänzerisch klingt, wurde für das Parkett geschrieben. Es gibt Komponisten, für die der Rhythmus nicht bloße Verzierung war, sondern der Ausgangspunkt. Sie schrieben nicht für den Tanz – sondern aus dem Tanz heraus: aus seiner Energie, seiner Spannung, seinem Instinkt. Alle Werke dieses Abends – so unterschiedlich sie in Herkunft und Zeit auch sein mögen – haben einen gemeinsamen Schwerpunkt: die Bewegung als treibende Kraft musikalischer Form.
Im Jahr 1905 vollendete Manuel de Falla seine Oper La vida breve – sie sollte sein Durchbruch in der spanischen Musikszene werden. Doch in Spanien wurde das Werk zunächst nicht aufgeführt. Enttäuscht über das mangelnde Interesse, verließ der Komponist 1907 sein Heimatland und ging nach Paris. Erst in Frankreich fand die Oper Anerkennung – zunächst in einer Konzertfassung, und 1913 schließlich auch szenisch, bei der Uraufführung in Nizza.
Heute ist vor allem der Spanische Tanz aus dem zweiten Akt der Oper zu hören – ein rein instrumentaler Abschnitt. Flamenco-Rhythmen, gitarrenartige Figuren in den Streichern, ein spannungsvoller Dialog zwischen Orchester und Folklore – all das entspringt einer einzigen Quelle: dem natürlichen Idiom der andalusischen Bewegung.
Édouard Lalo war Franzose, doch seine Inspiration fand er in Spanien – genauer gesagt: in der Person eines spanischen Geigers. Pablo de Sarasate war 26 Jahre alt, als er bei Lalo ein Violinkonzert in Auftrag gab. Das Ergebnis? Die Symphonie espagnole von 1874 – keine Sinfonie im eigentlichen Sinne, aber weit mehr als ein klassisches Violinkonzert. Der Titel kann in die Irre führen: Es handelt sich um ein groß angelegtes Werk in fünf Sätzen, das vom Rhythmus und Farbenspiel Spaniens lebt. Jeder Satz hat seinen eigenen, markanten Charakter und ein unverkennbares rhythmisches Profil. Das ist Musik, die den Tanz nicht imitiert – sondern selbst wie ein Tanz funktioniert: in Proportion, Puls und innerer Spannung.
Symphonie espagnole von Lalo, gespielt von Augustin Hadelich (Violine) und dem Orchestre national de France unter der Leitung von Cristian Macelaru:
Aram Chatschaturjan sagte einmal: Rhythmus ist keine Technik – er ist der Instinkt der Bewegung. Ein treffenderes Fazit für seinen Stil lässt sich kaum finden. In seinen Ballettstücken Gajaneh (1942) und Spartakus (1954) wird der Rhythmus zum zentralen Mittel der musikalischen Dramaturgie.
Dabei geht es nicht nur um den berühmten Säbeltanz, der längst Kultstatus erreicht hat – sondern um die Art, wie Chatschaturjan Erzählung durch Körperlichkeit gestaltet.
Spartakus ist eine Geschichte von Kampf und Körper, von Widerstand und Emotionen, die nicht durch Worte, sondern durch Bewegung ausgedrückt werden. Gajaneh – entstanden während der Kriegs-Evakuierung in Perm – pulsiert mit der Energie des Kaukasus: voller Synkopen, Ostinati und den rhythmischen Impulsen kaukasischer Arbeitslieder.
Adagio aus dem Ballett Spartacus von Chatschaturjan, aufgeführt vom Armenischen Staatlichen Symphonieorchester unter der Leitung von Sergej Smbayan:
In diesem Konzert tritt das Sinfonieorchester der Philharmonie in Szczecin gemeinsam mit zwei herausragenden Gastkünstlern auf. Violine An der Ellinor D’Melon, die als eines der außergewöhnlichsten jungen Talente ihrer Generation gilt und deren Ausdruckskraft und technische Meisterschaft das Publikum weltweit begeistern. Am Pult steht Ruben Gazarian, ein erfahrener Dirigent mit einer beeindruckenden internationalen Karriere, bekannt für seine Vielseitigkeit und sein tiefes musikalisches Verständnis.
Dies ist kein Konzert über den Tanz – sondern über die Bewegung in der Musik. Bewegung als Form, als Instinkt – als etwas, das den Gedanken schneller vorantreibt als jede Melodie.
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DETAILS
Wenn die Partitur tanzt 06-03-2026 19:00
SinfoniesaalFilharmonia im. Mieczysława Karłowicza w Szczecinie
ul. Małopolska 48
70-515 Szczecin